Wer bezahlt die Auszubildenden? Wie viele Betriebe bilden in Münster aus? Wer darf überhaupt ausbilden? Welche Aufgaben hat ein Azubi im Betrieb und wie sieht ein Berufsschultag aus? Welche Rolle spielt die IHK dabei?
Mit diesen und vielen anderen Fragen im Gepäck reiste unsere spanische Kollegin Mónica González González, Englischlehrerin an unserer Partnerschule IES Las Fuentes aus Villena (Alicante) nach Münster. Passenderweise kam sie genau am Europatag an, an dem sich Münsters gute Stube festlich geschmückt von der besten Sonnenseite zeigte und auch an unserem Berufskolleg die Europaflagge wehte. Mónica González González besuchte unsere Schule vom 9. bis zum 13. Mai 2022 im Rahmen eines Jobshadowings, das die Europäische Union mit dem Erasmus+ Programm fördert, um den internationalen Austausch über Formen und Besonderheiten des Unterrichtens und der Bildungssysteme in Europa zu fördern.
Mónica González González ist in ihrer Schule in Spanien Abteilungsleiterin für die berufliche Ausbildung und interessierte sich bei ihrem Jobshadowing schwerpunktmäßig für unsere duale Ausbildung. Theoretisch auf dem Papier existiert diese Art von Ausbildung auch in Spanien, nur ist die Umsetzung (noch) mit vielen Hürden und Schwierigkeiten verbunden, sodass sie sich noch nicht etablieren konnte und nur wenige Schulen sie umsetzen. So sehen zum Beispiel viele spanische Unternehmen (noch) nicht den Mehrwert der Investition in die eigene Ausbildung von Fachkräften, daher sind sie nicht bereit, die Ausbildungsvergütung, die hier aktuell je nach Ausbildungsberuf immerhin zwischen 550 und 1000 Euro beträgt, zu zahlen. In Spanien absolvieren die Schüler*innen daher üblicherweise eher unbezahlte Praktika, um Berufserfahrungen zu sammeln.
Ausbildungsort: Schule
Mónica González González hospitierte während ihres Aufenthaltes zuerst im Englischunterricht der Medienkaufleute für Digital und Print, der Auszubildenden im IT-System-Management und der Kaufleute im Groß- und Außenhandelsmanagement. Die Berufsschüler*innen gaben ihr aus ihrer Perspektive einen ersten Überblick über die Organisation ihrer dualen Ausbildung. Sie waren ihrerseits sehr erstaunt darüber, dass an der Schule von Mónica González González aktuell genau ein Schüler eine duale Ausbildung absolviert. Dies möchte sie gern ändern. Erste wichtige Fragen konnten ihr die Auszubildenden für die Realisierung ihres Ziels beantworten.
Ausbildungsort: Betrieb
Den Blickwinkel der anderen Seite lernte Mónica González González bei einer besonderen Betriebsbesichtigung im Ausbildungsbetrieb Delphi Organic GmbH kennen. Dort hat unsere Schülerin Luisa Manhard im letzten Jahr ihre Ausbildung zur Kauffrau im Groß- und Außenhandelsmanagement begonnen. Luisa zeigte Mónica González González ihre Aufgabenbereiche und stellte ihr die anderen Mitarbeiter des Teams vor, die alle entweder fließend Englisch oder Spanisch sprechen. Außerdem bekam sie die Gelegenheit, mit Luisas Ausbilder, Herrn Patrick Curran, der gleichzeitig Geschäftsführer des Unternehmens ist, ins Gespräch zu kommen. Mit seinen sehr guten Spanischkenntnissen konnte er ihr dabei den Mehrwert der Investition in die Ausbildung junger Menschen verdeutlichen.
Ausbildungsort: IHK
An ihrem letzten Tag in Münster konnte Mónica González González bei einem sehr informativen Gespräch mit der Ausbildungsberaterin Heike Seel und ihren beiden Kolleg*innen der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen eine weitere Perspektive der dualen Ausbildung kennen lernen. So erfuhr sie, dass die Mitarbeiter*innen der IHK mit den Ausbildungsbetrieben kooperieren und dabei einerseits die Qualität der Ausbildung sicherstellen, indem sie beispielsweise die Betriebe regelmäßig kontrollieren und andererseits eine beratende Rolle einnehmen. Außerdem treten sie in Konflikten zwischen Auszubildenden und Unternehmen als neutraler Mediator auf. Das aktuelle IHK-Projekt „Passgenaue Besetzung“ soll wiederum Ausbildungsbetriebe und zukünftige Auszubildende zusammenbringen. Mónica González González verließ die IHK sehr zufrieden, denn sie hat detaillierte Antworten auf ihre Fragen erhalten und das zum Teil sogar auf Spanisch.
Die fünf Tage ihres Aufenthalts in Münster waren schnell vorüber und alle Beteiligten waren sich am Ende über den Erfolg des Jobshadowing-Projektes einig. Wir konnten den interkulturellen Austausch fördern, neue Kontakte knüpfen und die duale Ausbildung auf anschauliche Weise erklären und haben dabei auch selbst noch Neues darüber erfahren. So kommt Frau González González die duale Ausbildung gar nicht mehr so Spanisch vor.